angle-left Gesetz über die politischen Rechte (PRG). Änderung betreffend Transparenz bei der Politikfinanzierung

Gesetz über die politischen Rechte (PRG). Änderung betreffend Transparenz bei der Politikfinanzierung

Mit der Revision des Gesetzes über die politischen Rechte will der Kanton Bern erstmals Transparenzpflichten bei der Politikfinanzierung von kantonalen Wahlen und Abstimmungen einführen. Neu sollen Kampagnen von mehr als 20’000 Franken für die Wahl in den Regierungsrat und den Grossen Rat und für kantonale Volksabstimmungen gegenüber der Öffentlichkeit offengelegt werden müssen. Das gilt auch für Zuwendungen von mehr als 5’000 Franken, die für offenlegungspflichtige Kampagnen getätigt werden. Für die kantonal geregelten Ständeratswahlen sind die höheren Schwellenwerte von mehr als 50'000 Franken für Kampagnen sowie über 15’000 Franken pro Zuwendung vorgesehen, wie sie gemäss Bundesrecht auch für die Nationalratswahlen gelten. Die Offenlegungsregeln sind durch die Motion 060-2021 «Transparenz über Politikfinanzierung – auch kantonal» initiiert worden, die der Grosse Rat in der Wintersession 2021 überwiesen hat.

Transparenz soll Vertrauen in die Politik stärken

Mit den neuen Transparenzregeln werden die Stimmberechtigten vor kantonalen Urnengängen besser über die versuchte politische Einflussnahme grosser Geldgeberinnen und -geber informiert sein. Die Transparenzregeln sollen dem politischen Meinungsbildungsprozess dienen. Sie tragen dazu bei, Vertrauen in die Politik zu schaffen und die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb zu fördern. Die Bevölkerung wird dazu die offenlegungspflichtigen Informationen vor den Urnengängen auf einer digitalen Plattform einsehen können. Um den Vollzug auch für die betroffenen Parteien, Interessengruppen und Kandidierenden zu vereinfachen, orientiert sich die kantonale Gesetzgebung weitgehend am Bundesrecht, das für die eidgenössischen Wahlen 2023 erstmals angewandt wird.

Bei der Überprüfung der Offenlegungspflichten setzt der Kanton Bern anstelle von staatlichen Sanktionsmöglichkeiten verstärkt auf die soziale Kontrolle durch die transparent informierte Öffentlichkeit. Die neuen Transparenzregeln sollen spätestens bei den kantonalen Gesamterneuerungswahlen 2026 zum ersten Mal angewendet werden.

Allgemeine Bemerkungen

Berner KMU unterstützt den politischen Willen, Transparenz beim Mitteleinsatz in der Schweizer Politiklandschaft zu schaffen. Wir führen regelmässig Kampagnen in wirtschaftspolitischen Fragen und sind uns der damit verbundenen staats- und demokratiepolitischen Verantwortung bewusst. Richtig und fair angewandt ist eine Transparenzregulierung eine Opportunität für die Demokratie, da sie ein klares Bild über die eingesetzten Mittel in der Politik schafft und es damit dem Stimmvolk ermöglicht wird, diese Information im Rahmen der Entscheidfindung zu berücksichtigen.

Stellungnahme

Grundsätzlich begrüssen wir, dass der Kanton Bern anstelle von staatlichen Sanktionsmöglichkeiten verstärkt auf die Sozialkontrolle durch die transparent informierte Öffentlichkeit setzt. Die Adressaten der neuen Regulierung müssen jedoch klar erkennen können, was als Fehlverhalten eingestuft werden würde und damit strafrechtlich relevant wäre. Heute sind weder die Vorhersehbarkeit des Fehlverhaltens noch die Gleichbehandlung eines Sachverhalts durch die Finanzkontrolle gesichert. Das öffnet – gewollt oder nicht – die Tür zu staatlicher Willkür.

Wir pochen daher auf berechenbare und planbare Regeln. Soweit dies durch Gesetz und Verordnung nicht möglich ist, wird es an der Aufsichtsbehörde liegen, im Vorfeld die notwendige Klarheit zu schaffen und dazu beizutragen, dass alle Adressaten die aktuelle Praxis kennen. Die ersten Erfahrungen auf eidgenössischer Ebene bei der Einführung der Transparenzregelung zu den nationalen Wahlen vom 22. Oktober 2023 zeigen, dass es für die Adressaten oft nicht einfach war, die Angaben vollständig und korrekt auszufüllen, da genau diese Klarheit nicht umfassend sichergestellt wurde. Eine lückenhafte Erfassung der finanziellen und personellen Mittel führt zu einer amtlich legitimierten, verfälschten Darstellung. Ein solches Zerrbild ist das Gegenteil dessen, was der ursprüngliche politische Wille der Initianten und des Gesetzgebers war. Erreicht wird nicht mehr Transparenz, sondern eine offizialisierte Scheintransparenz, welche die politische Willensbildung, wenn überhaupt in eine falsche Richtung lenkt. Speziell der Begriff der nichtmonetären Zuwendungen (Art. 49a PRG) stellt in diesem Zusammenhang ein kaum überwindbarer Stolperstein dar. Wollte man diesen für alle Fälle hieb- und stichfest definieren, würde man ein Bürokratiemonster schaffen, welches sich mit dem damit verfolgten Ziel nicht mehr rechtfertigen liesse. Wir bezweifeln daher grundsätzlich, dass Transparenzbestimmung die beabsichtigte Wirkung entfalten und ein objektives Bild der Politikfinanzierung ermöglichen.

Weiter in Frage gestellt wird die Vergleichbarkeit der Daten zwischen den verschiedenen Wahlkreisen. In einem kleineren Wahlkreis mit weniger Einwohner und Einwohnerinnen ist mit einem signifikant kleineren Wahl- oder Abstimmungskampfbudget mehr erreichbar als in einem grösseren. Entsprechend ist auch hier die Vergleichbarkeit kaum möglich und für die Öffentlichkeit nicht einfach erklärbar.

Und schlussendlich müssen wir feststellen, dass die Offenlegung all dieser Daten zu erheblichem Mehraufwand führt, welcher aktuell unberechenbar und schwierig zu kalkulieren ist. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis erscheint nicht zufriedenstellend – sowohl für die Adressaten, welche künftig Ihre Daten offenlegen müssen, als auch für die öffentliche Verwaltung und die Finanzkontrolle.

Der Gewerbeverband Berner KMU beantragt vor diesem Hintergrund, auf eine Gesetzesvorlage zu verzichten.

 

Stellungnahme Berner KMU an die Staatskanzlei des Kantons Bern

» lesen